Social Media im Wahlkampf

ein wenig mehr als #Sistergate

In Freiburg wird ein neuer Oberbürgermeister gewählt und die sozialen Medien spielen eine wichtige Rolle dabei.
 
Eines gleich vorweg: Ja, ich unterstütze die Kandidatur von Martin Horn. Das bedeutet natürlich, dass ich ein Stück weit befangen bin, andererseits bin ich aber genau deshalb auch „mitten im Geschehen“ und kann aus einer Perspektive berichten, die andere nicht haben können.
 
Martin Horn führt einen vorbildlichen Social Media Wahlkampf. Genau deshalb ärgert es mich enorm, dass seine Social Media Aktivitäten in der Berichterstattung auf #sistergate beschränkt werden (für all diejenigen, die es nicht mitbekommen haben: Martin Horns Schwester hat unter einem Post von Martin Horn so getan, als sei sie eine potentielle Wählerin, hat ihn gesiezt und in den höchsten Tönen gelobt – das war am Karfreitag, einem Feiertag und keiner im Social Media Team von Martin Horn hat schnell genug reagiert und den Kommentar gelöscht. Als es auffiel war es bereits anderen Nutzern aufgefallen und wurde von den Lagern der Mitbewerber als „Story“ ausgeschlachtet).
 
Die ganze Aktion war ziemlich blöd und alle, die bei mir schon einmal ein Seminar oder eine Vorlesung besucht haben, wissen, dass ich solche Fake-Meinungen nicht unterstütze, sondern davon vehement abrate, weil eben genau das passieren kann, was im Falle von Martin Horn passiert ist – es wird im Zweifel gegen einen verwendet. Ob man nun etwas dafür kann oder nicht.
 
Was aber macht Martin Horn besser als seine Mitbewerber?
Meiner Meinung nach ist er der einzige, der verstanden hat, was Social Media für ihn leisten kann und diesen Vorteil vorbildlich nutzt um seine Inhalte zu verbreiten. Martin Horn sagt, dass er mehr zuhören möchte als der amtierende Oberbürgermeister. Das beweist er deutlich, indem er Anfragen konsequent selbst beantwortet, mit Interessenten in Diskussionen einsteigt und jederzeit für „Jedermann" ansprechbar ist.

Im Gegensatz dazu lässt Oberbürgermeister Salomon seine Facebook-Seite betreuen. Sein Wahlkampfmanager schreibt mal unter dem Namen Dieter Salomon gekennzeichnet mit seinem eigenen Kürzel oder diskutiert mit seinem Privataccount (unter der falschen Annahme, jeder der Diskussionsteilnehmer weiß, dass er als Vertreter bzw. im Namen des OB spricht). Die Tatsache, dass Social Media von Herrn Salomon selbst nicht betrieben wird verstärkt bei seinen Kritikern die Ansicht er sei unnahbar. Die Bürgernähe hätte er nirgends besser beweisen können, als dass er in den sozialen Netzwerken für seine Wähler ein offenes Ohr hat.
Die Tatsache, dass die Facebook-Seite von Dieter Salomon erst zwei Monate vor der Wahl online gegangen ist bzw. nach langer Pause reaktiviert wurde, zeigt dass Social Media keine große Rolle bei der Planung der Kommunikationsmöglichkeiten spielte. Herr Salomons Wahlkampfmanager formulierte zum etwas langweiligen Facebook-Auftritt des Amtsinhabers, dass die tägliche Arbeit eines Oberbürgermeisters nunmal nicht so sexy sei, dass man jeden Tag tolles zu berichten hätte. Die Posts erzielen aufgrund der Ideenlosigkeit auch meist wenig Interaktion.
Auch hier werden alle meine Studenten mit den Augen rollen - denn diese Aussage bedeutet, dass sich das Team um Dieter Salomon im Vorfeld viel zu wenig Gedanken um Social Media Ziele und eine zugehörige Strategie gemacht hat. Mit den richtig formulierten Zielen hätte Herr Salomon Maßnahmen mit passenden Inhalten gefunden, ganz sicher. Immerhin hat das Team um Dieter Salomon nach der Schlappe im ersten Wahlgang verstanden, dass etwas getan werden muss und versucht nun, die Bildsprache zu verändern. Plötzlich tauchen Bilder auf, bei denen klar erkennbar ist, dass nun verstärkt transportiert werden soll, dass Herr Salomon sympathisch und dialogbereit ist. Leider wirken die Bilder nach wie vor zu gestellt und ich glaube, dass die Bedeutung von Social Media viel zu spät erkannt wurde.
Abschließend bleibt zu sagen - natürlich ist Oberbürgermeister ein Full-time-Job, trotzdem hat Herr Salomon (bzw. das für den Auftritt verantwortliche Team) Social Media mehr als lästige Pflicht als als tolle Chance gesehen. Beweis hierfür sind beispielsweise die laienhaft ausgesteuerten Werbeanzeigen - das gut gemachte Image-Video hat innerhalb von sieben Wochen gerade mal 11.500 Aufrufe generiert. Ungefähr dieselbe Anzahl an Aufrufen hat Martin Horn mit seinen Videos teilweise innerhalb von 24 Stunden erreicht.

 

Update: Nach dem 1. Wahlgang hat Dieter Salomon seine Social Media Präsenz komplett umgestellt. Hierzu bald mehr in einem neuen Blog-Beitrag!

Die Mitbewerberin Monika Stein hat vieles richtig gemacht. Ihrem Facebook-Auftritt sieht man an, dass sich hier von Anfang an Gedanken gemacht wurde über einen gut strukturierten Auftritt mit Wiedererkennungswert. Die Notizen-Funktion wurde kreativ genutzt um Inhalte prominent zu platzieren. Das einheitliche Design wirkt frisch und ansprechend. Und doch schafft es Frau Stein mit Ihrem Social Media Auftritt nicht, die Interaktionsraten konstant zu halten. Dies mag zum Einen daran liegen, dass Ihre Bilder wenig Emotionen hervorrufen. Zum Anderen wird immer wieder in der „Wir“-Form gesprochen, so dass der Eindruck entsteht, dass hier ausschließlich das #TeamStein, nicht aber Monika Stein selbst, kommuniziert. Wenn im Namen der Seite auf Anfragen geantwortet wird, dann wird von der Kandidatin in der dritten Person gesprochen - das wirkt ein wenig unnahbar und steht im Gegensatz zu dem, was die Kampagne von Frau Stein transportieren möchte.
Monika Stein nutzt als einzige Kandidatin Twitter - die Reichweite ist mit knapp 160 Follower aber überschaubar, obwohl sie (bzw. ihr Social Media Team) dieses Netzwerk gut bespielt.

Wenn man sich die Fan-Zahlen der Kandidaten anschaut, gewinnt Martin Horn deutlich mit 2.500 Fans vor Monika Stein mit 1.850 Fans und Dieter Salomon mit 1.285 Fans (Stand 26.4.2018).

Auch in Hinblick auf die Interaktionsraten liegt Martin Horn klar vor den Mitbewerbern. Während Monika Stein auf bis zu 500 Interaktionen (Reaktionen, Kommentare und getielte Inhalte) kommt, sind die erfolgreichsten Posts von Dieter Salomon gerade einmal bei 250 Interaktionen (Stand 26.4.2018). Interaktionen zu Posts von Martin Horn liegen regelmäßig bei über 500 bis hin zu über 1.000 bei den erfolgreichsten Beiträgen.

 

Was aber macht Horn denn jetzt besser?
Er bietet Facebook als Diskussions- und Kommunikationsplattform an und scheut auch die kontroversen öffentlichen Kommentare nicht. Die gegnerischen Lager haben sich bereits auf Martin Horn eingeschossen und es sind immer wieder dieselben Gegner, die auf Martin Horns Seite versuchen, den Kandidaten aus der Reserve zu locken. Martin Horn meistert diesen Spagat zwischen „reden lassen oder eingreifen“ größtenteils überaus professionell. Wer sachlich mit Martin Horn diskutieren möchte, der erhält auf seiner Facebook-Seite die Möglichkeit dazu. Damit beweist er, dass sein Wahlkampfslogan „Gemeinsam Freiburg gestalten“ nicht nur eine hohle Phrase ist, sondern bereits aktiv umgesetzt wird. Das wird von den Facebook-Nutzern belohnt - jeder seiner Posts hat hunderte von Reaktionen bzw. Interaktionen in Formen von Likes, Kommentaren und Aufrufen.

Bestimmt ist nicht alles, was Martin Horn tut fehlerfrei - immer wieder wird ihm vorgeworfen nicht konkret genug zu sein. Wer seinen Facebook-Auftritt mal genauer anschaut wird aber bemerken - die Themen werden behandelt und von Martin Horn auch erläutert (an meine Studenten: Autentizität, Transparenz!). Sobald er aber konkret wird, wie man etwas umsetzen könnte, kommt das Totschlag-Argument des Wahlkampfes: „Wie soll man das bezahlen?“. 

 

Ich glaube nicht, dass Herr Salomon vor 16 Jahren auf jede Frage eine Antwort hatte. Und ganz bestimmt wusste auch er nicht, wie er die eine oder andere Idee finanziert bekommt. Vor 16 (bzw. acht) Jahren wurde aber auch noch nicht so öffentlichkeitswirksam in den sozialen Netzwerken diskutiert.

Social Media - Chance oder doch zu großes Risiko?

Am 6. Mai werden wir wissen, ob sich ein guter Social Media Wahlkampf auszahlt. Was wir aber bereits nach dem ersten Wahlgang wissen - Social Media war einer Erfolgsfaktoren um aus einem "Nobody aus Schwaben" (Badische Zeitung) den Sieger des ersten Durchgangs zur Wahl des Oberbürgermeisters von Freiburg zu machen.

Und eines noch für meine Studenten und sonstigen Besucher meiner Vorlesungen, die mir das ohne gute Beispiele immer nicht glauben: Ehrlich, manche Diskussionsthemen sind wirklich total unnötig, da hilft so gar keine Maßnahme, die man vorher für den Ernstfall geplant hat.
Dank der bescheuerten Kommentare auf der Facebook-Seite von Martin Horn habe ich nun aber wieder ein tolles neues Beispiel für meine Vorlesungen zum Thema „ein Shitstorm kommt immer zu einem Thema, zu dem Sie es nie erwartet hätten“. Im Falle von Martin Horn wird ja nach wie vor gerne über seine Schwester diskutiert, schön fand ich aber auch, dass ausführlich von einigen Nutzern über ein Gender-Sternchen diskutiert wurde. Jemand der "Wähler*innen" schreibt ist unwählbar, hieß es da. Wohlgemerkt von Menschen, die vorher forderten, dass man jetzt doch mal endlich zu wichtigen Themen Stellung beziehen solle. Katja Heinrich gefällt das! :-)


Bitte beachten Sie, dass ich aus kapazitätsgründen momentan keine neuen Aufträge annhemen kann


Kontakt

Tel. +49 179 77 31 507

Spargelweg 8, 79112 Freiburg-Munzingen

info@heinrich-medienservice.de